Herausforderung für Puchheim: Gesellschafliche Polarisierung

Haushaltsrede des ubp Fraktionssprechers
Dr. Reinhold Koch am 17.12.2019
– Es gilt das gesprochene Wort! –

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen!

Haushaltsaufstellung, Haushaltberatung und Haushaltsreden laufen nach bestimmten Regeln ab. Haushaltsreden haben meist etwas Rituelles, aber auch das Potenzial zur Eskalation.

Da ist zunächst der Dank an die Kämmerei, dann die eigene Einschätzung der Haushaltslage, die vom Vorredner meist nur unwesentlich abweicht. Je nach Stimmungslage gibt es noch Anmerkungen zu Anträgen aus den Ausschussberatungen, die man für besonders gelungen hält oder die leider von der Mehrheit abgelehnt worden sind. Und der letzte Redner tut sich schwer noch etwas Neues vorzubringen.
Das Potenzial zur Eskalation liegt darin, dass es die Fraktionen in der Hand haben, den Haushalt als Ganzes abzulehnen, etwa wegen nicht mitgetragener Ausgabepositionen oder wegen vorgesehener Steuererhöhungen. Dies ist in Puchheim seit langem nicht mehr passiert. Wohl aber hat es angesichts der Bugwelle von Haushaltsresten, schon Kritik an Bürgermeister und Verwaltung gegeben.
Soweit die Vorbemerkungen!

Auch ich beginne mit dem Dank in die Kämmerei für das rd. 280 Seiten starke, virtuelle Haushaltsbuch und den Vorbericht, kann mir aber den Hinweis nicht verkneifen, dass es neben den umfangreichen Anstrengungen zur Digitalisierung an den Puchheimer Grundschulen, auch für 2020 nicht möglich war, den Haushalt in Form einer Excel-Datei zur weiteren Analyse zur Verfügung zu stellen. Man nennt das einen Medienbruch!

Noch eine Anmerkung in Richtung Kämmerei: Wir haben schon 2007 die Doppik eingeführt. Wir haben eine Bilanz des stadteigenen Vermögens aufgestellt. Ein wichtiges Argument für die Einführung der Doppik war, man wüsste aufgrund der vorgenommen Abschreibungen, wann z.B. für ein Gebäude ein Ersatz notwendig sei. Heute wissen wir, das ist nur dann richtig, wenn wir wissen, mit welchem Handicap, sprich Pfusch am Bau, das Gebäude gestartet ist.

Abweichend vom Ritual nun ein Dank an die CSU-Fraktion! Sie hat die Kämmerei mit ihrem Antrag im Sommer dazu veranlasst, über den Tellerrand der vorgeschriebenen dreijährigen Finanzplanung hinauszuschauen. Dabei traten nicht nur Einzelheiten des Nebeneinanders verschiedener Großprojekte wie Grundschule Puchheim-Ort, Schwimmbad und Stadtmitte bei überhitzter Baukonjunktur zu Tage, sondern die Sanierung oder der Neubau der Mittelschule kündigte sich an und verdüstert von nun an die finanziellen Aussichten der Stadt Puchheim.

Waren es bei der Erweiterung der Grundschule am Gerner Platz noch die massiv gestiegenen Kosten während der Bauphase, die manchen Stadtrat erzürnten, so sind es jetzt die hohen Projektkosten, die einen zaudern lassen, Projekte wie das Sportlerheim in Puchheim-Ort überhaupt in Angriff zu nehmen: jetzt sind die höheren Baukosten der nächsten Jahre bereits eingepreist. Mal sehen, ob der Kostenrahmen hält.

Die bis 2023 zu erwartenden Ausgaben lassen sich jedenfalls bei einer jährlichen freien Investitionsspanne von rd. 10 Mio. Euro verkraften. Mit der Struktur der Ausgaben sind die Unabhängigen Bürger im Großen und Ganzen einverstanden. Mit Anregungen und Bedenken melden wir uns bei den Projektgenehmigungen zu Wort.

Allerdings fällt beim Blick in alte Wahlprogramme verschiedener Parteien und Gruppierungen auf, dass in den letzten Jahren doch einiges nicht vorangekommen ist, in erster Linie der barrierefreie Ausbau des S-Bahnhofs. Angesichts des von Bahn und Staatsregierung zu verantwortenden Planungschaos – drei- oder vier Geleise? – ist hier nicht klar, wann welche Kosten auch im Umfeld des Bahnhofs auf die Stadt zukommen. Von Planungssicherheit kann keine Rede sein!

Puchheim gilt gemeinhin als reiche Stadt! Sie ist abundant, d.h. sie erhält keine Zuweisungen aus dem allgemeine Finanzausgleich und liegt bei der Steuerkraft im Landkreis Fürstenfeldbruck auf Platz 2 hinter Alling. Der öffentliche Reichtum kommt vor allem aus den sprudelnden Gewerbesteuereinnahmen. „Reiche Stadt“ bedeutet aber nicht zwingend, dass auch alle Bürger ein gutes Auskommen haben. Kinderarmut in Puchheim ist in Puchheim doppelt so hoch wie im Landesdurchschnitt! Auf der anderen Seite sind Haushalte in Puchheim mit hohem Einkommen weit überdurchschnittlich vertreten.

Diese Polarisierung, die sich auch räumlich verorten lässt, ist eine Herausforderung für Rat und Verwaltung der Stadt Puchheim, nicht nur für 2020, sondern auch für die nächste Stadtratsperiode.